Durch das Rapadalen nach Aktse
Da ich heute mit dem Kochdienst an der Reihe bin, habe ich das zweifelhafte Vergnügen, gegen 7:30 Uhr mit dem Schneeschmelzen zu beginnen. Die Sonne hat das Zelt noch nicht erreicht; es ist noch eiskalt. In den beiden Schlafsäcken und mit Daunenjacke und Handschuhen läßt es sich sitzend aber ganz gut im Vorzelt hantieren. Bald darauf erreicht die Sonne das Zelt und erwärmt es spürbar von -14°C auf 0°C! Die Stimmung ist gut, wissen wir doch, das wir heute die Hütten von Aktse erreichen werden und damit die Sarekdurchquerung geschafft haben. Dazu macht das Wetter keinerlei Anstalten, sich zu ändern. Es sieht wieder nach einem ruhigen und schönen Sonnentag aus.
Gegen 10:30 Uhr nehmen wir Kurs auf den nur noch 4km entfernten Tafelberg Nammásj, der immerhin gut 300m aus der Talsohle herausragt. Seinem vergleichsweise hartem Gestein verdankt er das Überleben der letzten Eiszeit. Das Gehen auf dem Fluß wird zunehmend schwieriger, da sich die offenen Stellen jetzt häufen. An mehreren Stellen sind einzelne Flußarme für mehrere 100m offen. Bevor wir also in eine mögliche Sackgasse hineinmarschieren, bleiben wir immer am nördlichsten Arm und weichen wenn nötig in den Wald aus. Noch läßt es sich dort gut laufen, da der Schnee jetzt relativ hart ist. Als der Fluß einen Schwenk nach Süden macht, verlassen wir ihn für eine Weile und und schlagen uns durch Wald und Wiesen. Die ersten Fichten gesellen sich zu den Birken und kündigen bereits die flache Taiga im Osten Lapplands an. Es fällt zwar etwas schwer, im leicht hügeligen Wald die Übersicht zu behalten, aber der markante Nammásj bietet hin und wieder einen Orientierungspunkt. Kurz bevor wir ihn erreichen, kehren wir zum nördlichen Ufer zurück und passieren dessen felsige Südabbrüche. Bald danach kommen wir an die Bootsanlegestelle und damit an die Grenze des Sarek-Nationalparkes.
An das markante Hinweisschild kann ich mich noch gut errinnern. Im Sommer 2005 mußte ich an dieser Stelle einen Tag auf das Boot nach Aktse warten und den ganzen Nachmittag im mückensicheren Zelt verbringen, um von diesen nicht aufgefressen zu werden. Solche Probleme existieren im Winter nicht. Nach dem obligatorischen Foto vor dem Schild finden wir einen windgeschützten Stein und halten eine lange Siesta in der wärmenden Sonne. Dann folgt der letzte Abschnitt durch das gefrorende Delta des Ráhpaädno. Für ca. 3km halten wir uns an den genau östlich verlaufenden Hauptarm, über den im Sommer das Boot verkehrt. Als dieser nach Südosten abbiegt, verlassen wir den Fluß und queren die kleinen Galeriewälder des Uferbereiches und die dahinter liegenden Auen, wobei wir die Aktehütten am Nordufer des Laitaure-Sees bereits ausmachen können. Wir gehen jetzt direkt zwischen den beiden das Delta begrenzenden Gipfeln des Skierffe und des Tjahkkelij hindurch. Auch wenn sich die Landschaft ziemlich vom üppigen Grün des Sommer unterscheidet, hat sie doch ihren ganz eigenen Reiz und strahlt eine stille Erhabenheit aus. Wir müssen noch mehrere Flußarme queren, bevor wir das Gewirr aus Inseln und Halbinseln entgültig hinter uns lassen und den bereits halb verlandeten Laiteure vor uns haben. In einigen hundert Jahren wird auch der Rest komplett verlandet sein und so ähnlich wie das weiter flußaufwärts gelegene Rapaselet aussehen. Was uns wundert ist, dass wir hier keine anderen Skifahrer sehen, die von den nahen Aktsehütten eine Tagestour in Richtung des Sarek unternehmen. Auf dem Kungsleden, der an den Hütten vorbeiführt, müßten doch jetzt einige Leute unterwegs sein? Die letzten Kilometer ziehen sich. Aus gut 3km Entfernung erkennen wir die über den See gesteckte Route des Kungsleden und den Bootsanleger, über den die Bootsverbindung im Sommer zum südlichen Ufer in Richtung Kvikkjokk verläuft.
Gegen 16 Uhr erreichen wir diesen und ziehen für den letzten Kilometer bis zu den Hütten die Steigfelle auf, welche gut 60 Höhenmeter über dem See liegen. Auf einer großen Lichtung liegt das kleine Hüttendorf Aktse mit den vielleicht 10 Häusern, von denen die meisten hier lebenden Samen gehören. Die obersten 2 Hütten sind die STF-Hütten, aus deren Schornsteinen es schon qualmt. Wir quartieren uns in die untere, neuere der beiden Hütten ein, in denen bis jetzt nur ein älteres schwedisches Ehepaar wohnt. Damit haben wir einen der Schlafräume für uns allein und können unsere durch die letzten Tage doch arg nass gewordene Ausrüstung, speziell das Zelt und die Schlafsäcke, nach Lust und Laune ausbreiten. Einen eigenen kleinen Ofen hat der Schlafraum auch, so dass wir alles innerhalb von nur einer Nacht wieder trocken bekommen. Im kleinen Shop des Hüttenwarts, einem jungen Kerl von vielleicht 25 Jahren, versorgen wir uns mit Leckerlis und kommen sogar nach einer Woche wieder zu einem Leichtbier. Prost, ach ja, Geburtstag habe ich ja auch! Das Wetter bleibt schön und kalt bei -10°C am frühen Abend.
Tagesdaten:
Strecke 14,2km, Aufstieg 90m, Abstieg 65m, Gesamtzeit 5:50h, Gehzeit 4:40h