Kvitekulen – Ståleskaret
Unverändertes Wetter! Es schneit wie bei unserer Ankunft gestern abend, dazu geht ein leichter Wind. Die Sicht ist ebenfalls wie gehabt. Über Nacht gab es noch einmal rund 10cm Neuschnee, so dass wir hier oben auf 1800m jetzt um die 50cm haben dürften. Wir lassen uns wieder Zeit bis mittag mit dem Aufbruch, natürlich auch in der Hoffnung, die Sonne schafft vielleicht heute den endgültigen Durchbruch. Daraus wird aber leider nichts, stattdessen kommt es wieder zum gleichen Instrumentenflug wie bereits gestern. Kompaßkurs einstellen und halten sowie ein sporadisches Überprüfen mit dem GPS. Wir umgehen den Høgste Brekulen westlich; was sollten wir auch dort oben bei dieser Sicht? Halten zunächst auf den Nordfjordvarden (1840m) zu, bevor wir uns nach Nordosten wenden und direkt auf die Kjenndalskruna (1830m) zugehen. Nach einer seichten Abfahrt über die Nordhänge des Høgste Brekulen erreichen wir ein weiteres Plateau auf rund 1680m, welches sehr weichen und klebrigen Schnee für uns bereit hält. Erst jetzt merken wir, dass die Schneebedingungen trotz des vielen Neuschnees bis jetzt gar nicht so schlecht waren. Der Schnee pappt nun in großen Klumpen an meinen Fellen. Mit dem Skistock versuche ich, die größten von ihnen wieder abzuschlagen, allerdings mit mäßigem Erfolg. Immerhin klart es, wie gestern schon um die gleiche Zeit, kurzzeitig auf. Sowohl den felsigen Gipfel der Kjenndalskruna direkt östlich von uns, als auch den tiefen Einschnitt des Stordalen im Westen können wir für einige Minuten sehen. Ehe wir allerdings ernsthaft über eine Besteigung der Kjenndalskruna nachdenken können, hat es sich mit der schönen Aussicht auch schon wieder.
Kurz darauf setzt wieder Schneefall ein. Zwischen uns und unserem heutigen Tagesziel, dem Plateau am Fuße der Lodalskåpa, liegt noch ein ca. 1900m hoher, namenloser Schneegipfel, den wir westlich umgehen. Dabei halte ich mich nicht konsequent an den Peilkurs und komme zu weit in die steiler werdenden westlichen Hänge dieses Buckels. Die Quittung dafür folgt prompt: wir müssen einen ca. 35° steilen, recht firnigen Hang mühsam traversieren und anschließend die zuvor gemachten Höhenmeter wieder abfahren. Dies war leider nötig, um in nicht noch steileres Gelände zu gelangen. Wenigstens der Schnee ist hier, nur vielleicht 50Hm höher, wieder hart und pappt nicht mehr unter Skifellen und Schneeschuhen. An dieser Stelle ist es wohl besser, von der Kjenndalskruna zunächst in Richtung Bødalsbreen (Nord) zu gehen und eine Höhe von 1700m bzw. leicht darunter zu halten, bis man den Schneebuckel vollständig umgangen hat. Dann erst wendet man sich nach Ost und steigt die letzten knapp 100Hm zum Plateau am Fuße von Brenibba und Lodalskåpa auf. Wir haben kurz vor Erreichen unseres heutigen Zieles das Glück, das sich das scharfe Felsdreieck des Ståleskaret aus dem allgegenwärtigen Nebel pellt und uns endlich wieder mal einen Orientierungspunkt gibt, auf den wir nur noch zulaufen müssen.
Ungefähr 500m vor Erreichen des Ståleskaret schlagen wir gegen 19:15 Uhr, in völlig ebenen Gelände, unser Zelt bei stärker werdendem Wind auf. Damit haben wir morgen, besseres Wetter vorausgesetzt, die Möglichkeit, Brenibba oder Lodalskåpa zu besteigen. Bei weiterhin bescheidenem Wetter dürften wir von hier auch schnell über den flachen Bohrsbreen vom Gletscher gelangen. Heute sind wir sehr zufrieden mit unserer Tagesleistung! Aufgrund der geringeren Höhenunterschiede sind wir recht zügig vorangekommen. Und, auch wenn das Wetter so bleibt wie es ist: das Minimalziel der Überquerung des Jostedalsbreen haben wir erreicht. Das wird uns nicht mehr zu nehmen sein. Wie schon die vergangenen Tage wird es wieder Mitternacht, ehe die Mägen gefüllt, der Durst gestillt und die Thermoskannen für morgen gefüllt sind.
Tagesdaten:
Strecke 16,5km, Aufstieg 300m, Abstieg 325m, Gesamtzeit 6:45h, Gehzeit 6h