Tagestour zur Brenibba
Schaue früh um 6 Uhr aus dem Zelt in Richtung Lodalskåpa. Während der Gipfel in Wolken gehüllt ist, kann man den unteren Gipfelaufbau, vom Ståleskaret bis zum Vorgipfel der Vetledalskåpa, immerhin erkennen. Für einen Aufstieg noch kein wirklich brauchbares Wetter. Beim Frühstück aber merken wir bereits, dass die Sonne durch das Zelt wärmt. Schnell setzen wir die Sonnenbrillen auf, um durch dieses ungewohnte Schauspiel unsere nebeloptimierten Augen nicht zu überlasten…
Heute geht noch was, zumindest auf die Brenibba sollten wir es doch schaffen! Trotz der kurzen Schneeschauer klart es dazwischen immer mal auf und sogar die Sonne zeigt sich kurz. Wir packen unser Tagesgepäck und warten auf einen günstigen Zeitpunkt zum Start. Gegen 12:30 Uhr brechen wir auf, obwohl es, wie zum Hohn, gerade wieder einen Schneeschauer gibt. Aber schon kurz darauf, auf dem höchsten Punkt des Nunataks P1872m, kommt die Sonne wieder raus und gibt das erste Mal seit 5 Tagen den Blick über den südlichen Jostedalsbreen frei. Auch der Blick in Richtung des Eisstromes Småttene ist recht spektakulär, ohne dass wir die wirklich steilen Gletscherbrüche von hier sehen können. Aber schon das nach unten immer schmaler werdende Tal lässt einen erahnen, wie es dort wohl aussieht. Direkt gegenüber der Småttene sieht man den von Norden zum Lødalsbreen hinunterziehenden Gletscher, der bereits einige größere offene Spalten und Brüche hat, aber durchaus nicht unpassierbar aussieht. Dahiner sind bereits die Nunatakker Storenosa (1803m) und Klubben zu erkennen. Wow, das wäre eine Tour dort hindurch, dann weiter bis ans nördliche Ende des Kupvatnet und von dort ein Abstieg zur Slæom Hütte! Gutes Wetter vorausgesetzt, natürlich.
Nach nochmal einer halben Stunde über mäßig steile Schneefelder stehen wir auf dem Gipfel der Brenibba, deren westliche und südliche Felsen doch recht steil zum Gletscher hin abbrechen. Der Blick ins Stordalen ist ebenfalls sehr schön und ist genau genommen der erste echte Talblick seit unserem Aufstieg. Er bestätigt, das wir wirklich Sommer haben, ein Eindruck, der sich einem in den letzten Tagen nicht gerade aufgedrängt hat…
Wir verbringen eine gute Stunde auf dem Gipfel, fotografieren, drehen einige kurze Videofilmchen und melden uns per Handy mal wieder zuhause. Seit der Flabrehytta haben wir hier oben erstmalig wieder Empfang, wahrscheinlich über einen Mobilfunkmast im Jostedalen. Obwohl es nie wirklich komplett aufklart, haben wir doch in alle Richtungen zumindest kurzzeitig Sicht. Die einzige Ausnahme bleibt die Lodalskåpa, deren Gipfel sich hartnäckig in den Wolken versteckt. Runterwärts mache ich die Steigfelle ab und fahre so gut es bei dem weichen Schnee eben geht ab, während Alex meine nicht gerade überzeugende Kür filmt. Naja, ein Abfahrtsski ist es halt doch nicht und sicher auch kein vollwertiger Ersatz für einen Fjellski. Für diese Art Einsatz ist er aber eine wirklich hervorragende Alternative. Auf den mäßig steilen Flanken kann man wunderbar Schuß fahren und spart so einiges an Zeit im Vergleich zum Abstieg mit Schneeschuhen. Spaßfaktor inklusive. Ganz ohne „Gehhilfe“, ob nun Ski oder Schneeschuhe, wäre es bei diesen Schneeverhältnissen in jedem Falle sehr mühsam geworden, die Brenibba zu erreichen. Jeder Schritt ohne lässt einen fast bis zu den Knien einsinken.
Nach nur 1 Stunde Abfahrt bzw. Abstieg mit etlichen weiteren Fotopausen stehen wir wieder am Zelt. Wir verbringen einen gemütlichen Nachmittag mit Kakao und Rosinen und genießen die Wärme des auf 25°C (!!) aufgeheizten Zeltes. Endlich mal Temperaturen, die der Jahreszeit auch entsprechen! Durch die zur Lodalskåpa zeigende Apsis können wir zuschauen, wie sich der Gipfelaufbau nun komplett aus den Wolken löst. Selbst die zwei großen Steinpyramiden auf dem Gipfel können wir erkennen. Leider machen wir jetzt einen Fehler, der mich später noch ärgern wird. Anstatt sich aufzuraffen und sofort zum Gipfel aufzubrechen, aalen wir uns lieber im Zelt und genießen das Leben. Problemlos wäre es heute möglich gewesen, selbst gegen 19 Uhr aufzubrechen, um den 2072m Hauptgipfel zu besteigen. Am späten Abend auf einem solch markanten Gipfel im weichen Licht der langsam untergehenden Sonne zu stehen, wäre sicher ein ganz besonderes Erlebnis gewesen. C’est la vie, vielleicht klappt es ja ein anderes Mal.
Aber auch so erleben wir einen fantastischen Sonnenuntergang, der uns erst gegen Mitternacht in die Schlafsäcke kommen lässt. Irgendwie hoffen wir, das das schöne Wetter noch eine Weile anhalten wird und wir morgen früh zum Gipfel der Lodalskåpa aufbrechen können. Eine Hoffnung, die sich leider nicht bestätigen wird.
Tagesdaten:
Strecke 6km, Aufstieg 280m, Abstieg 280m, Gesamtzeit 3h, Gehzeit 1:30h