Nørstedalseter – Arentzbu

Der Morgen begrüßt uns um 6:30 Uhr mit blauem Himmel. Auch die Temperatur ist glücklicherweise wieder gefallen (-8°C), was den Schnee etwas härter machen sollte. Da wir heute eine lange Etappe mit vielen Höhenmetern und anspruchsvollem Gelände vor uns haben, stehen wir schon gegen 9 Uhr auf den Brettern. Zunächst geht leicht bergan zum Staudamm Fivlemyrane, bevor wir die gekvistete Route nach Sota Seter verlassen und uns nach Westen wenden, um parallel zum Steindalselvi, einem Gletscherabfluss des Harbardsbreen, aufzusteigen. Leider hat sich das Wetter nicht gehalten und die Wolken verwandeln die Landschaft wieder in konturloses Grau. Schade, gerade heute wäre gute Sicht eine lohnende Sache. Die gut 400m Aufstieg bis zum Beginn des Harbardsbreen-Gletschers sind problemlos vom Gelände, wenn auch anstrengend.

Ab und zu klart es etwas auf und wir können die Abbrüche des Gletschers gut erkennen. Auf einem der drei Gletscherseen am südöstlichen Ende des Harbardsbreen machen wir auf 1472m ca. 20min Pause. Von den Seen selbst ist freilich im Winter nichts zu sehen, sie sind zugefroren und meterhoch mit Schnee bedeckt. Etwas weiter westlich kurz vor P1518 steigen wir dann auf den Gletscher, wobei die Grenze zwischen diesem und dem ‚Festland‘ momentan nicht als solche auszumachen ist. Die Einstiegsstelle kannten wir bereits von unserer Skitour 2012, als wir die Strecke in entgegengesetzter Richtung, allerdings bei schönstem Sonnenschein, gegangen waren. Heute steigen wir dagegen bei Nullsicht strikt nach GPS-/Kompasspeilung bis ca. 1600m nach Westnordwest auf und versuchen, diese Höhe zu halten. Nur ab und zu haben wir einen kurzen Talblick nach Süden, wo wir das tief eingeschnittene Mørkrisdalen und einige Gipfel Jotunheimens erkennen können. Ansonsten müssen wir, um den Kurs einzuhalten, im Minutentakt auf den Kompass schauen, da jegliche andere Orientierung unmöglich ist. Trotzdem kommen wir gut vorwärts und brauchen nur gut 1 Stunde, bevor der höchste Punkt unserer Route erreicht ist. Für ca. 1km geht es nun fast eben über einen Gletschersattel, bevor leichtes Gefälle andeutet, dass wir unseren Ausstiegspunkt bald erreicht haben.

Als wir diesen erreicht haben, versuchen wir zunächst, zu einem See, welcher ca. 50 Höhenmeter tiefer in einem engen Talkessel liegt, zu gelangen, um von dort einer sich anschließenden Kette weiterer Seen talwärts folgen zu können. Das stellt sich aber nach mehreren Versuchen als nicht machbar heraus, da das Gelände zu steil bzw. zu überwächtet ist. Nach einer kräftezehrenden Stunde beschließen wir, den längeren Umweg über einen hinter dem Kessel liegenden Bergrücken zu nehmen. Ein kurzes Aufklaren hilft uns, diesen in nur 15min zu erreichen, um danach relativ einfach in nun südlicher Richtung absteigen zu können. Abzufahren trauen wir uns allerdings trotzdem nicht, da überall kleinere Wechten darauf warten, uns in den Schnee zu werfen. Am Fuße des Rückens angekommen, wenden wir uns nun wieder nach Osten und fahren jetzt über recht seichtes Gelände weitere 100Hm ab, ehe das Gelände wieder für 200Hm mit ca. 30-35° steiler wird.

Wir schnallen die Ski an die Rucksäcke bzw. nehmen sie in die Hand und steigen nun zu Fuß durch mindestens knietiefen Schnee ab, was einerseits sehr anstrengend, andererseits aber auch sehr schnell ist, da wir teilweise in direkter Falllinie absteigen können. Und, nicht zu vergessen, es macht sogar Spaß, sich so durch den Schnee zu wühlen! Wir erreichen die ersten Bäume des Rausdalens auf ca. 1100m Höhe und schnallen die Ski wieder an, um den Rest des nun wieder flacheren Hanges in mehreren Kehren abzufahren. In der Talsohle angekommen, wechseln wir sofort auf die rechte, d.h. westliche Seite des Flusses, da dieser kurz vor der Hütte eine kleinere Schlucht bildet, die schwer passierbar ist und deswegen im Sommer mit einer jetzt abgebauten Brücke versehen ist. Diese Erfahrung durfte ich bereits vor 8 Jahren mit Kay machen, als wir genau vor dieser Brücke standen und mühsame Umwege in Kauf nehmen mussten. Mittlerweile ist es 18:30 Uhr und dämmert bereits, sodass die letzten 2km mit Stirnlampen in Angriff genommen werden. Der Wettergott will es heute anscheinend auch nochmal wissen und lässt wie aus dem Nichts einen starken Wind verbunden mit Schneefall aufkommen; natürlich – wie sollte es anders sein – wieder direkt von vorn…

Aber trotz weiterer Moränenhügel, Wind, Schneefall und Dunkelheit erreichen wir nach einem anstrengenden Tag um 19:30 Uhr die zwei Hütten von Arentzbu. Der Eingang der größeren Haupthütte ist vollkommen eingeschneit, sodass wir uns dafür entscheiden, in die kleinere Hütte zu gehen. Auch hier müssen wir ca. 15min schaufeln, bis der Eingang frei ist und wir in den wohlverdienten Feierabend gehen können. Leider finden wir nur wenig Holz und auch nur wenig Proviant in der Hütte vor, aber das wenige reicht uns heute. Mit einem Kakao vor dem wärmenden Ofen lassen wir den langen Tag ausklingen und sind einfach froh, die ‚Königsetappe‘ dieser Tour gemeistert zu haben.


Tagesdaten:

Strecke 25,3km, Anstieg 965Hm, Abstieg 1035Hm, Gesamtzeit 10:20h, Gehzeit 9:20h