Endlich kann die langersehnte Nepaltour stattfinden, nachdem sie letztes Jahr aufgrund der Corona-Pandemie verschoben werden mußte. Erst im September wurden die Einreisebestimmungen in Nepal soweit gelockert, dass die Reise überhaupt möglich wurde. Nachdem ich bereits auf der letzten Breheimen-Wintertour 2020 von meinem Vorhaben erzählt hatte, waren auch Kay und Jens Feuer und Flamme. Da die Logistik einer solchen Unternehmung doch relativ aufwendig ist, werden wir uns einer organisierten ‚Expedition‘ anschließen, was für uns alle ein Novum darstellt. Ziel der Reise ist die Besteigung des 7126m hohen Himlung im Gebirgszug des ‚Peri Himal‘, der sich zwischen den großen Massiven der Annapurna (8091m) und des Manalsu (8152m) direkt an der Grenze zu Tibet befindet. Der Anmarsch erfolgt zunächst über ein Teilstück der klassischen Annapurna-Umrundung und biegt dann in das noch recht einsame, tibetisch geprägte Naar-Phu-Tal in Richtung Norden ab.
Die Vorbereitung der Reise gestaltete sich auch etwas aufwendiger als üblich. Aufgrund der Länge von einem Monat mussten wir schon lange vorher mit unseren jeweiligen Arbeitgebern entsprechende unbezahlte Auszeiten vereinbaren, was aber bei uns allen letztlich problemlos funktionierte. Zur Vorbereitung hatten wir im Juni eine Hochtourenwoche ins schweizerische Wallis mit dem Ziel unternommen, einige hohe 4000er zu besteigen und die Ausrüstung – speziell die klobigen Expeditionsstiefel für Nepal – zu testen. Ebenso wollten wir auf hochgelegenen Berghütten zwischen 3500m und 4500m übernachten, um ein Gefühl für unsere Höhenverträglichkeit zu bekommen. Nach dieser äußert positiv verlaufenden Woche fühlten wir uns gut vorbereitet auf die jetzige Bergtour nach Nepal. Auch unser Gepäck fiel etwas umfangreicher aus als bei einer kurzen Alpentour. Insgesamt gut 35kg Gepäck hat jeder von uns dabei, neben der üblichen alpinen Ausrüstung auch dicke Daunenschlafsäcke, Trekking- und Expeditionsstiefel und Bekleidung für alle Klimazonen von Subtropen bis Hochgebirge…
Die folgende Karte gibt einen guten Überblick der Reise. Mit einem Mausklick auf die blauen Punkte werden die einzelnen Orte mit der jeweiligen Höhe angezeigt.
Zu den einzelnen Tagen geht es hier:
Tag 2, Von Kathmandu nach Besisahar
Tag 3, Per Jeep zum Startpunkt in Koto (2500m)
Tag 4, Von Koto durchs Naar-Phu-Kola Tal nach Meta (3560m)
Tag 5, Kurze Etappe von Meta nach Kyang (3870m)
Tag 6, Von Kyang zum letzten Dorf Phugaum (4080m)
Tag 7-8, Akklimatisierung in Phugaum
Tag 9, Von Phugaum ins Himlung Basislager (4880m)
Tag 10-12, Im Himlung Basislager
Tag 13, Akklimatisierungsaufstieg zum Highcamp 1 (5500m)
Tag 14, Akklimatisierungsaufstieg zum Highcamp 2 (6050m)
Tag 15-18, Abstieg und Erholung im Basislager
Tag 19, Gipfelaufstieg: Basislager – Highcamp 1 (5500m)
Tag 20, Gipfelaufstieg: Highcamp 1 (5500m) – Highcamp 2 (6050m)
Tag 21, Zum Gipfel des Himlung Himal (7126m)
Tag 22-23, Abstieg vom Highcamp 2 und Pausentag im Basislager
Tag 24, Per Helikopter nach Kathmandu
Tag 28-31, Ausklang in Kathmandu
Tag 1, 15.10.2021
Ankunft in Kathmandu
Wir landen nach 6 Stunden Flugzeit in Doha, wo wir 2 Stunden Aufenthalt haben, bevor es um 1:50 Uhr in nochmal 4 Stunden nach Kathmandu weiter geht. Ziemlich gerädert von der Nacht kommen wir dort gegen 9:00 an und sind fast 2 Stunden mit den Einreiseformalitäten am Flughafen beschäftigt. Rege sich einer nochmal über die deutsche Bürokratie auf! Die lokale Agentur Seven Summit Treks holt uns vom Flughafen ab und bringt uns ins Hotel, wo wir gegen Mittag einchecken. Am Nachmittag müssen wir kurzfristig, wohl für das Trekkingpermit, einen weiteren PCR Test machen…
Bei einem kleinen Rundgang durch das Touristenviertel Thamel finden wir schnell einen Outdoorladen, wo Kay und ich noch eine Steigklemme für die Tour leihen. Auch nutzen wir alle die Gelegenheit, am ATM einige nepalesische Rupien für die nächsten Wochen zu holen. Am Abend gibt es ein gemeinsames Abendessen im Hotel zum Kennenlernen. Wir sind mit 16 Leuten eine ziemlich große Gruppe und wohl auch die einzige, die in dieser Saison mit Seven Summit Treks zum Himlung unterwegs ist. Auch der Chefguide Chhepal und einige der Sherpas, die uns begleiten werden, werden uns vorgestellt. Alle scheinen sich darauf zu freuen, nach dem langen Corona Lockdown endlich wieder loslegen zu können…
Tag 2, 16.10.2021
Von Kathmandu nach Besisahar
Mit zwei Bussen verlassen wir nach dem Frühstück unser komfortables Hotel in Thamel und quälen uns durch den chaotischen Verkehr Kathmandu. Eine gute Stunde brauchen wir, bis die letzten Außenbezirke hinter uns liegen. Die Fahrt geht nach Westen, in Richtung Pokhara und zieht sich aufgrund des Verkehrs und der kurvigen Straße ziemlich in die Länge. Nach einer Mittagspause in einem der zahlreichen Straßenlokale biegen wir bei Dumre nach Norden ab und fahren dann direkt auf die Gebirgsketten der Annapurna und des Manaslu zu, die schon aus 80km Entfernung klar zu erkennen sind. Sind wir bisher eher in engen Flusstälern unterwegs gewesen, weitet sich das Tal des Marsyangdi ab und zu einmal und erlaubt schöne Blicke auf die Berge. Wir erreichen das Ende der asphaltierten Straße im Ort Besisahar auf nur 810m Höhe. Besisahar ist der klassische Startpunkt für den bekannten Annapurna Circuit, einen der bekanntesten Trekking Rundwege des gesamten Himalayas. Für die knapp 200km haben wir tatsächlich fast 7 Stunden gebraucht. Der eigentliche Plan, heute noch bis nach Jagat (1300m) zu fahren wurde geändert, da wohl keine Jeeps mehr aufzutreiben waren. Stattdessen übernachten wir in einem Gasthof in Besisahar, der einen schönen Aufenthaltsraum, dafür aber etwas schmuddelige Zimmer hat. Unsere Gruppe besteht mit den nepalesischen Begleitern aus über 20 Leuten, weshalb unser Chefkoch die Küche des Hauses übernimmt und uns allen ein 3-gängiges Menü aus Suppe, einem Hauptgericht aus Kartoffeln, Nudeln, Reis und verschiedenen Gemüsesorten sowie etwas Obst zum Abschluß zaubert. Das wird wohl für die nächsten 3 Wochen, vielleicht mit einigen kleinen Variationen, unser Standard-Abendbrot darstellen…
Tag 3, 17.10.2021
Per Jeep zum Startpunkt in Koto (2600m)
Mit gepackten Taschen und Rucksäcken treffen wir uns gegen 8 Uhr zum Frühstück und warten danach an der Straße auf die bestellten 5 Jeeps, die uns heute über unasphaltierte Piste weiter talaufwärts bringen sollen. Der ursprüngliche Plan, nur bis zum Dorf Jagat (1300m) zu fahren und von dort in zwei Tagen bis Koto zu trekken, wurde verworfen. Stattdessen geht es jetzt direkt ins 2600m hoch gelegene Dorf Koto, was uns einen Zeitgewinn vom einem Tag bringt. Diesen Tag wollen wir dann weiter oben zur besseren Höhen-Akklimatisation nutzen, was uns allen durchaus sinnvoll erscheint. Als nach einigem Warten endlich alle 5 Jeeps eingetroffen sind, werden unsere Taschen und Rucksäcke, die Ausrüstung und Proviant auf die Ladeflächen regendicht gepackt und es geht los. Jeweils 4 Leute plus Fahrer pro Jeep. Direkt am Ortsende von Besisahar endet der Asphalt und die raue Piste beginnt. Schon nach den ersten Kilometern wird uns klar, dass dies heute keine bequeme Fahrt, sondern eine ziemlich anstrengende Schaukelei wird. Die Piste ist nach dem Sommer-Monsum teilweise in schlechtem Zustand und damit sehr abenteuerlich. An einigen Stellen haben Erdrutsche die Piste verschüttet, welche nur provisorisch wieder freigeschoben wurde. Eine große, solide Stahlbrücke über ein Seitental wurde durch eine Geröllawine komplett zerstört und muss nun über eine zweifelhafte und enge Behelfsbrücke aus Baumstämmen umgangen werden. An einer besonders schlammigen Stelle müssen wir sogar aussteigen, damit die Jeeps nicht stecken bleiben. Ein großer Spaß nicht nur für uns, sondern auch für die Einheimischen, die mit ihren Motorrädern artistisch die Fahrspuren der Jeeps benutzen, um möglichst ohne abzusteigen durch den Schlamm zu kommen. Es gelingt nicht immer.
Die Landschaft ist in diesen relativ niedrigen Höhen noch fast subtropisch und von üppigen Grün geprägt. Ab und zu geht es durch Wälder, wo man sich fast in die Alpen versetzt fühlt. Wir legen am Mittag und am Nachmittag jeweils eine längere Pause in einem der zahlreichen Teehäuser am Wegesrand ein, um etwas zu essen und zu trinken. Außerdem tut es gut, die eingerosteten Muskeln mal wieder etwas zu dehnen zu können…
Wir erreichen unsere kleine Lodge in Koto am Nachmittag nach gut 6 Stunden Fahrzeit, was einem Durchschnittstempo von ca. 8km/h entspricht. Die Fahrt war sicherlich ein Highlight der Tour, aber wir sind trotzdem froh, morgen endlich mit dem Trekking starten zu können.
Tag 4, 18.10.2021
Von Koto durchs Naar-Phu-Kola Tal nach Meta (3580m)
Der vorausgesagte 3-tägige Regen hatte bereits gestern Abend eingesetzt. Seitdem regnet es unablässig und es sieht auch nicht so aus, als ob es heute nochmal aufhören würde. Nach dem Frühstück um 7 Uhr packen wir unsere beiden Packsäcke in (hoffentlich) regendichte Hüllen und bringen sie unseren Begleitern. Ein Sack wird von hier später mit Maultieren direkt ins Basislager gebracht, während der andere mit unserem Trekkinggepäck heute ebenfalls mit Maultieren zum heutigen Tagesziel nach Meta gebracht wird. Wir ziehen die Regensachen an und machen uns kurz nach 8:00 Uhr mit unseren 5 Sherpas auf den Weg durch das hier beginnende Naar-Phu-Khola Tal zum Ort Meta auf 3560m. Tatsächlich hatten sich noch einige Regenschirme als Alternative zugelegt und so gibt unsere Gruppe ein ziemlich bizarres Bild ab. Eine 7000er Expedition mit Regenschirmen! Der Weg ist gut ausgebaut, hält sich meist in der Nähe des Flusses und führt durch dichten Nadelwald. Man fühlt sich durchaus in die Alpen versetzt. An und zu müssen wir den Fluss über die landestypischen Hängebrücken überqueren, während kleinere Seitentäler entweder über einfache Holzbrücken oder auch direkt durchs Wasser gequert werden. Mit uns ist auch eine Trekkinggruppe aus der Schweiz samt ihrer zahlreichen Träger unterwegs, so dass man immer einige Leute um sich hat. Der Regen lässt etwas nach, sodass wir uns endlich der viel zu warmen Regensachen entledigen können. Das Tempo der Gruppe ist relativ langsam, sodass ich mich mit Peter -mit dem ich mir das Zimmer in Kathmandu geteilt habe- ungewollt an der Spitze befinde. An einem Pausenplatz der Schweizer kommen wir mit einem von ihnen ins Gespräch und ehe wir uns versehen, kommt unsere Gruppe geschlossen an. Kurz darauf kehren wir zum Mittag in einem der kleinen Teehäuser bei Chhongche ein und bekommen von unseren Köchen, die mal schnell die Kochstelle des Teehauses übernehmen, ein leckeres Nudelgericht vorgesetzt.
Die lange Mittagspause führt leider dazu, dass wir auf dem Weiterweg wieder mit stärker werdenden Regen zu tun haben. Über 2 weitere Hängebrucken geht es nochmal auf die andere Fluss-Seite und zurück, da die Felswände teilweise zu steil für einen Weg sind. Einen spektakulären Wasserfall aus einer Seitenrinne umgehen wir über einen in den Fels gehauenen Weg, welcher direkt hinter den Wassermassen entlang führt. Danach folgt bald der finale 300Hm Aufstieg nach Meta. Es schüttet jetzt so stark, dass alle mehr oder weniger durchgeweicht sind und auf ein Dach über den Kopf in der Lodge freuen. Der Weg gleicht oft einem Bach, es ist rutschig und die Höhe macht sich zunehmend bemerkbar. Aber irgendwann ist es geschafft und wir erreichen gegen 17:30 Uhr die Lodge, in der es glücklicherweise einen Ofen gibt, an dem wir uns aufwärmen und unsere nassen Sachen trocknen können.
Wir sind heute in gut 7 Stunden Gehzeit 1370m auf- und 330m abgestiegen bei einer Streckenlänge von 17km.
Tag 5, 19.10.2021
Kurze Etappe von Meta nach Kyang (3870m)
Trotz leichter (Höhen-) Kopfschmerzen am Abend habe ich gut geschlafen, Kay und Jens eher weniger. Gestern war es umgekehrt. Es hat die ganze Nacht weiter geregnet und am morgen sieht es nicht nach einer Wetterbesserung aus. Die Sachen sind im einzigen geheizten Raum der Lodge, den wir spontan zum Trockenraum umfunktioniert haben, teilweise getrocknet oder zumindest nur noch klamm. Die Taschen für den Eseltransport packen wir heute in wasserdichte Müllsäcke und dann erst in die weißen Schutzsäcke. Gestern Abend standen einige mit völlig durchnässten Taschen da, weil die Esel genau wie wir im Dauerregen waren.Nach den guten Frühstück, was unsere Sherpas wieder für uns gezaubert haben (Chapati und Omelette), brechen wir gegen 9 Uhr bei leichtem Nieselregen auf. Es wird heute eine kurze Etappe mit nur wenig Anstieg, was für unsere Akklimatisation gut sein sollte. Der Weg folgt dem schluchtartig eingeschnittenen Fluss Phu Khola immer oberhalb am Hang. Bald erkennen wir unten im Tal die Hängebrücke über den Phu Khola und den Weg, der steil aufwärts ins Dorf Nar führt. Wir bleiben aber auf dem sehr bequemen Weg und folgen dem Fluss weiter nach Nordosten. Ab und zu stehen einige einfache Steinhütten am Wegesrand, die aber meist unbewohnt scheinen. Erst das Dorf Chyakhu, welches in einem fast ebenen, weitläufigen Almgelände liegt, stellt wieder eine größere Ansiedlung dar. Hier kehren wir zum Mittag in einer Lodge ein, wo es Tee und ein Mittagessen gibt. Außer den Lodges scheint das Dorf recht verlassen zu sein. Nach Chyakhu geht es weiter bergauf, bevor der mächtige Seitenfluss Mruju Khola einen kleinen Abstieg erfordert. Nach einem weiteren Anstieg auf über 3900m können wir schon die Häuser von Kyang unter uns erkennen, welches inmitten von Feldern auf einer ebenen Terrasse oberhalb des Phu Khola auf 3870m liegt. Hier beziehen wir Quartier in einer sehr einfachen, aber gemütlichen Lodge. Wir verbringen den Nachmittag rund um den Ofen des Aufenthaltsraumes, schauen uns die neue, noch im Bau befindliche Gompa an, in der nächstes Jahr einige Mönche aus Kathmandu während des Sommers wohnen sollen. Unsere Taschen kommen erst im Dunkeln mit den Eseln an, da wohl einige der Esel ausgebüchst waren und erst wieder eingefangen werden mussten.
Tag 6, 20.10.2021
Von Kyang zum letzten Dorf Phugaum (4080m)
Bis um 4 Uhr schlafe ich super, dann werde ich wach mit leichten Kopfschmerzen und einem Grummeln im Bauch. Döse den Rest der Nacht vor mich hin, aber einschlafen kann ich nicht mehr richtig. Wir stehen um 7 Uhr auf und packen zuerst die Taschen für die Esel, die heute vor uns aufbrechen. Da wir heute nur eine kurze Etappe vor uns haben, frühstücken wir erst um 8 Uhr und brechen gegen 9 Uhr bei bewölktem Himmel und ca. 12°C auf. Es geht gleich spektakulär über in den Fels getriebene, ausgesetzte Wege mit Tiefblick auf den schluchtartigen Phu Khola. Später folgt ein Abschnitt mit mehreren Rinnen, die durch kleinere Erdrutsche etwas schwierig zu passieren sind. Der interresanteste Teil des Weges folgt am Ende. Das Tal wird durch einen riesigen Felsblock abgeriegelt, welcher nur dem Fluss einen Durchschlupf bietet. Wir umgehen diesen Felsblock rechts, steigen einen steilen Weg im Zickzack nach oben, wo uns das hölzerne Eingangstor von Phugeon erwartet, dass mit Manisteinen und Gebetsfahnen geschmückt ist und ein traumhaftes Fotomotiv abgibt. Wenig später erreichen wir den noch sehr traditionell anmutenden Ort Phugaun, der um einen Hügel auf 4100m errichtet wurde. Über eine massive Hängebrücke erreichen wir bald unsere Lodge, die mitten im Gassengewirr dieses magischen Ortes liegt.
Tag 7-8, 21.-22.10.2021
Akklimatisierung in Phugaum
Unsere Lodge ist ein zweistöckiger Bau mit sehr kleinen, ca. 9qm großen Doppelzimmern, in denen es außer zwei Betten keine weiteren Möbel gibt. Die Wände sind aus dünnem Sperrholz, der Boden aus Estrich und es gibt ein Gemeinschafts-Plumsklo für jeweils 5 Zimmer. Sehr einfacher Standard und doch genießen wir diesen relativen Luxus, bevor es dann im Basislager entgültig für die nächsten 2 Wochen in die Zelte geht. Ein Bad gibt es nicht, so dass die einzige Möglichkeit sich oder einige Klamotten zu waschen die öffentliche Wasserstelle vor der Lodge darstellt. Allerdings sind dort auch die Einheimischen zu Gange, die uns Langnasen interessiert beäugen. Eine Ganzkörperwäsche -und die ist wirklich mal wieder nötig- geht also nur im Zimmer mittels Waschschüssel aus der Küche. Wenn man Glück hat, hat der Koch sogar etwas heißes Wasser übrig.
Der Ort selbst mutet von der Bauweise seiner Häuser und den engen Gassen noch sehr traditionell an. Auf den Mauern ist Brennholz gestapelt in und die Speicher sind mit dem Stroh gefüllt, welches gerade von den Gersten- und Weizenfeldern geholt wurde.
Am ersten Akklimatisationstag unternehmen wir bei prächtigem Wetter eine kleine Tour zur Gompa (buddhistisches Kloster) Tashi Lakang, die auf einem Hügel gleich hinter Phu auf knapp 4200m liegt. Beim Aufstieg spüren wir die Höhe sehr deutlich und gehen entsprechend langsam. Im schön hergerichteten Gebetsraum bekommen wir einen Vortrag vom einzigen, derzeit hier oben lebenden Mönch über die Bedeutung des Klosters und den Buddhismus allgemein. Eine Tasse des typischen Buttertees wird auch gereicht und alle machen gute Miene zum salzig-fettigen Tee. Das Areal um das Kloster breitig sich weitläufig auf dem Klosterberg aus und besteht aus zahlreichen Manisteinen, Gebetsmühlen, Chörten und Gebetsfahnen, die munter im Wind flattern.
Am zweiten Tag in Phu wird es etwas anspruchsvoller. Wir besteigen den Hausberg von Phu, der immerhin gut 4700m hoch und damit gut 600Hm über Phu liegt. Direkt oberhalb des Dorfes steigen wir über einen steilen, aber gut zu gehenden Pfad und passieren terrassierte, abgeerntete Felder, weidende Yaks und Blauschafe und auch die verlassenen Häuser früherer Bewohner. Das Wetter ist wieder traumhaft, wolkenloser Himmel bei wenig Wind und vielleicht 12°C. Oben angekommen bietet sich ein traumhaftes Panorama und erstmals können wir auch unser eigentliches Ziel, den Himlung Himal in seiner vollen Schönheit bewundern. Auch in den anderen Richtungen bietet sich ein fantastisches Bild mit einer Vielzahl von vollvergletscherten 6000ern und 7000ern. Nur der Manaslu (8125m) versteckt sich noch hinter niedrigeren Gipfeln.
Den Rest des Tages verbringen wir mit Chillen in der Lodge, Wäsche waschen und kleinen Spaziergängen im Ort. Mit dem geliehenen Handy eines unserer Sherpas kann ich immerhin eine SMS nach Hause schicken und bescheid geben, dass alles in Ordnung ist, da unsere Handys seit Koto nicht mehr funktionieren. Im Basislager werden wir deswegen ein Satellitentelefon haben. Als Nachtisch gibt es heute von der Mannschaft eine Geburtstorte für Jens, der gestern seinen 48. hatte…
Tag 9, 23.10.2021
Von Phugaum ins Himlung Basislager (4880m)
Die Nacht war wieder ziemlich frisch für ’nur‘ 4080m Höhe, ca. 5°C. Nach dem Packen der Taschen für die Esel und einem wie immer super Frühstück mit Müsli, Omelette und Toasts brechen wir gegen 9 Uhr bei wieder schönstem Wetter auf in Richtung Basislager. Zunächst geht es zurt zur Hängebrücke, bevor wir den Weg in nordöstliche Richtung in Richtung des schuttbedeckten Nar-Gletschers nehmen. Dabei gehen wir nicht den eigentlichen Hauptweg, sondern halten uns auf einem Pfad hangseitig. Obwohl das betont langsame Gehen ziemlich gewöhnungsbedürftig ist, dürfte es ideal für eine gute Akklimatisierung sein. Wir gewinnen rasch Höhe und machen eine erste Trinkpause bei ca. 4250m. Von einem kleinen Plateau haben wir eine guten Blick auf den jetzt nach Ost verlaufenden Gletscher und dessen mit Gras bewachsenen Seitenmoränen. Bei gut 4400m will ich an einem felsigen Absatz ein Foto machen und merke, dass die Fototasche fehlt. So eine Scheiße! Klar, ich habe die Tasche beim Umziehen abgelegt und offensichtlich nicht wieder umgehängt. Sage unserem Ober-Sherpa bescheid, dass ich zurück gehe und die Gruppe nicht warten soll. Da der Pfad nicht sehr ausgeprägt ist und ich weiter unten die Eselskarawane auf dem Hauptweg sehe, steige ich dorthin ab und folge diesem Weg bis auf 4200m zusammen mit einem unserer Eselstreiber. Wir sollten jetzt unter der Höhe unserer Pause sein. Jetzt steigen wir querfeldein den Hang nach oben, bis wir auf unseren Pfad treffen, dem wir -so die Theorie- nur noch folgen müssen. Tatsächlich dauert es keine 3min, bis wir die Fototasche direkt am Weg liegend finden. Ein Glück!! So schnell es geht, steigen wir jetzt wieder auf. Die Gruppe hatte doch gewartet und die ca. 45min für eine Mittagspause genutzt. Ich verspreche allen ein Bier nach unserer Rückkehr. Bei ca. 4500m treffen wir auf die ersten Schneereste, bald darauf laufen wir auf einer von der Sonne aufgeweichten Schneedecke, die sicher 30-40cm dick ist. Es ist ein recht mühsames Gehen, für uns allerdings wesentlich einfacher als für die Träger, die teilweise mit Turnschuhen und ohne Stöcken unterwegs sind. Kurz vor Erreichen des Basislagers kommt uns Tenzing, einer unserer Sherpas, mit einer großen Kanne und Bechern entgegen und bereitet uns einen herzlichen Empfang mit einem Heißgetränk. Das Basislager ist eher eine Zeltstadt, als ein Lager. Außer unserer Gruppe sind noch 3 andere Expeditionen vor Ort. Mit Gemeinschaftszelten, Küchenzelten, Toilettenzelten, Mannschafts- und Einzelzelten besteht das Camp somit aus über 100 Zelten und erstreckt sich auf einer Fläche von zwei Fussballplätzen. Wir bekommen jeder ein geräumiges 2-Mann Zelt zugewiesen, welches für die nächsten 2 Wochen unser Zuhause darstellen wird. Unsere beiden Packtaschen sind schon im Lager eingetroffen, so dass wir uns alle gemütlich einrichten können. Die Aussicht ist grandios: Mit unserem Himlung und den benachbarten Himjung und Nemjung ragen gleich drei 7000er in die Höhe und werden flankiert von zahlreichen 6000ern.
Tag 10-12, 24.-26.10.2021
Im Himlung Basislager
Nach Absprache mit unserem Chef-Sherpa Chhepal werden wir die nächsten 3 Tage im Basislager verbringen. Nach dem 3-tägigen Regen letzte Woche hat es hier oben nochmal mächtig geschneit. Normalerweise liegt weder hier im Basecamp, noch im Lager 1 auf 5500m Schnee. Jetzt aber ist alles tief verschneit und aufgrund des klaren Wetters und der kälteren Temperaturen wird uns der Schnee wohl erhalten bleiben. Allein hier im Basislager schätze ich die Schneehöhe auf ca. 40-45cm, am Gipfel sind laut Wetterbericht bis zu 2m gefallen. Glücklicherweise ist das Ganze nun schon ein paar Tage her und wir haben es nicht eilig, sodass sich die Schnee weiter setzen kann und wir gute Bedingungen für den Aufstieg haben werden.
Das Basislager gleicht einer richtigen kleinen Zeltstadt. Neben unserer Gruppe von Seven Summit Treks sind noch 4-6 andere Expeditionen da, welche alle eigene Mannschaften mit der zugehörigen Infrastruktur haben. Wir als größte Gruppe mit 16 Personen haben ein großes Kuppelzelt mit sicher 6m Durchmesser als Esszelt. Zwei große Tische für jeweils 8 Personen bieten uns genug Platz und abends sorgt ein kleiner Dieselgenerator sogar für den notwendigen Strom für Beleuchtung und das Laden der Akkugeräte. Außerdem gibt es einen kleinen Gasheizer, der die Temperaturen im Esszelt wenigstens auf halbwegs angenehme 10°C anhebt, was speziell an den kalten Abenden von Vorteil ist. Jeder von uns hat sein eigenes 2-Mann Zelt für sich allein, sodass es genug Platz für das gesamte Gepäck gibt und man es sich entsprechend bequem machen kann. Zwei Toilettenzelte mit ausgehobener Grube und sogar ein Waschzelt gibt es. Man kann sich dort mit einer Schüssel waschen oder sich vom Koch einige Liter warmes Wasser erschnorren und mittels eines aufgehängten Sackes sogar eine Minimaldusche nehmen.
Damit es nicht zu langweilig wird, unternehmen wir in den drei Tagen die folgenden Sachen:
Tag 1: Kleiner Aufstieg hinter dem Lager auf 5050m, sonst Ruhetag, Essen.. .
Tag2: Ausrüstungscheck und Techniktraining mit den Sherpas. Aufstieg mit Seilklemme und Abseilen mit Achter direkt hinter dem Basecamp
Tag 3: Aufstieg ins Lager 1 auf 5500m. Hochtragen von Ausrüstung. Querung des Schuttgletschers. Heikler Aufstieg auf Seitenmoräne. Einsinken in der Schneeflanke. 5 Std. Aufstieg mit Pausen, 870m Aufstieg, 2:10h Abstieg mit alternativem Weg bei der Seitenmoräne.
Tag 13, 27.10.2021
Akklimatisierungsaufstieg zum Highcamp 1 (5500m)
Nach 3 Tagen im Basislager geht es jetzt endlich hoch ins Camp 1 zu einer ersten Übernachtung. Auch transportieren wir den zweiten Teil der Ausrüstung, die wir für den Gipfel brauchen, zunächst ins Camp 1 und morgen dann ins Camp 2. Nach dem Frühstück wird jedem 2er Team ein Sherpas zugewiesen, der das jeweilige Team bis zum Gipfel begleitet. Kay’s und meiner heißt Pasang Dawa und ist ein drahtinger Kerl von 27 Jahren. Theoretisch kann man sich auch einen Teil seiner Ausrüstung von ihm nach oben schleppen lassen, was wir aber nicht tun. Mit gut 15kg im Rucksack geht es also erneut durch den Moränengletscher und die steile, schlammige Rampe an seiner nördlichen Seitenmoräne. Die letzten 10m sind wieder sehr anstrengend an einem Seil zum Moränenrand. Und von dort wieder, bei bestem Wetter, den steilen Schneehang noch oben, welcher genau wie gestern, mit jeder Minute mehr aufweicht und uns immer mal einsinken lässt. Trotzdem haben unsere gestrigen Spuren und die kalte Nacht für eine Verfestigung gesorgt, sodass es heute, trotz des schwereren Gepäcks, deutlich weniger anstrengt als gestern. Zusammen mit den Sherpas zieht sich so ein Wurm von sicher 30 Leuten langsam nach oben. Wir erreichen das Lager 1 nach ca. 4:30h bei 735Hm Aufstieg und ca. 5km Streckenlänge. Einige Sherpas waren bereits vor uns angekommen und hatten schon begonnen, die 2-Mann Zelte für uns aufzustellen. Die restlichen folgen jetzt und auch eine Art Küchenzelt steht schon, wo die Kocher bereits auf Hochtouren laufen. Bei 30 Leuten müssen allein ca. 120l Trinkasser geschmolzen werden. Dazu das Wasser, welches zum Kochen benötigt wird. Es gibt eine Gemüsesuppe und ein Reisgericht gegen 17 Uhr, da alle möglichst schnell die Zelte wollen. Es bewölkt sich zum spätem Nachmittag hin etwas, was die Temperaturen augenblicklich fallen lässt. Heute Nacht werden wir sicher unter -10°C in den Zelten haben. Die Aussicht von hier ist spektakulär mit der wunderschönen Gipfelpyramide des Nemjung (7140m) direkt gegenüber…
Tag 14, 28.10.2021
Akklimatisierungsaufstieg zum Highcamp 2 (6050m)
Die Nacht war bescheiden, ständiger Höhenkopfschmerz, dazu das unbequeme Liegen auf den Isomatten, die ständig nach unten rutschen. Durch die Kälte von ca. -12°C muss man jetzt auch den Thermokragen und die Kapuze des Schlafsacks zuziehen, was die Bewegungsfreiheit zusätzlich einschränkt. Und die Nacht ist endlos lang, bis gegen 8 Uhr die Sonne unseren Eispalast langsam auftaut und uns vom 14-stündigem Liegen erlöst.
Ehrlich gesagt halte ich unseren Aufstieg ins Lager 2 mit direkter Übernachtung dort für ziemlich gewagt. 600Hm ins Lager 1 gefolgt von nochmal 600Hm ins Lager 2 entsprechen aus Sicht einer guten Akklimatisierung nicht unbedingt der klassischen Lehrmeinung. Aber gut, vertrauen wir mal auf unseren Chef-Sherpa Chhepal, der ja schon zahlreiche 8000er bestiegen hat…
Der Aufstieg zum Lager 2 erfolgt über eine ziemlich steile Schneeflanke, deren Verlauf schon vom Lager erkennbar ist. Wir legen die Gurte und Steigeisen hier erstmalig an. Da wir gehen 9 Uhr wieder alle zusammen starten, bildet sich ein langer Wurm und es kommt oft zu Wartezeiten an den steileren Stellen, an denen die Sherpas lange Seile als Aufstiegshilfen eingerichtet haben. Ich merke bald, dass heute nicht mein Tag wird. Die Nacht war schlecht, dazu ist mein Rucksack heute ziemlich schwer, da sich zusätzlich die vorher ins Lager I gebrachten Sachen darin befinden, was das Gewicht auf sicher 20kg erhöht hat. Die meisten anderen haben ihren Sherpas einiges an ihrem Gepäck gegeben, aber irgendwie wollte ich dass nicht so richtig. Das habe ich also jetzt davon… Ich versuche, mein eigenes Tempo zu finden, ohne den Puls übermäßig in Höhe zu treiben und damit auch die Kopfschmerzen weiter zu vergrößern. Für ca. 300Hm geht es jetzt mühsam über die Steilflanke nach oben, bevor ein kleines, fast horizontal verlaufendes Felsband zu queren ist. Auch hier gibt es -fast schon übertrieben- ein Sicherungsseil. Kay hatte bei einer Pause auf mich gewartet und wir gehen von jetzt zusammen. Unseren ‚Team-Sherpa‘ Pasang Dawa hatten wir schon vorgeschickt, da wir nicht seinem Tempo folgen wollten.
Danach erreichen wir den eigentlichen Gletscher, der bei normalen Bedingungen den ‚crampons point‘ also den Punkt zum Anlegen der Steigeisen darstellt. Wir befinden uns jetzt auf ca. 5800m. Von rechts oben ziehen mächtige Eisabbrüche zum flacheren Teil des Gletschers herab, auf dem wir in gebührendem Abstand, gehen. Eine beeindruckende Eiswelt hier oben! Und direkt vor uns rückt unser Ziel, der Himlung immer näher. So nah, dass man es kaum glauben mag, dass er noch gut 1300 Höhenmeter entfernt ist. Der weitere Aufstieg verläuft jetzt über den nicht mehr so steilen Gletscher, trotzdem bleibt es aufgrund der Höhe, unserer fehlenden Anpassung und der Mittagshitze sehr anstrengend. Ja, obwohl man es kaum glauben mag, ist es wirklich so warm, dass man im T-Shirt und kurzen Hosen gehen könnte. Ich habe zeitweise nur ein langes, dünnes Sportshirt an, so dass ich wenigstens die Arme gehen die massive UV-Strahlung schütze. Gesicht, Hals, Nacken und Hände bekommen alle paar Stunden eine LSF50 Sonnencreme. Die Nepalesen haben da eine ganz andere Strategie. Da sie offensichtlich nicht schwitzen, laufen sie in Daunenjacken herum und verhüllen ihr Gesicht mit Buffs etc.
Endlich kommen die Zelte von Lager 2 auf 6050m Höhe in Sicht. Sie liegen auf einem kleinen Plateau des ‚South Himlung‘ Gletschers unterhalb des immerhin auch über 6400m hohen Gipfels Karma Himal. Ich zähle 16 Zelte, die meisten werden wohl von unserer Gruppe sein, da die 3-4 anderen Gruppen eher im Abstieg begriffen sind. Fast der gesamte Verlauf der Gipfeletappe ist von hier bereits einsehbar, allerdings hält sich die Begeisterung bei mir in Grenzen, da ich ziemlich kaputt und froh bin, dass die heutige Plackerei ein Ende hat. Es ist 14:30Uhr und für die gut 600Hm und 2,5km haben wir immerhin fast 5h gebraucht. Es ist halt nicht der Rennsteig…
Tag 15-18, 29.10.-1.11.2021
Abstieg und Erholung im Basislager
Immerhin war die Nacht hier oben nicht schlechter als die vorige im Highcamp 1 trotz einiger Kopfschmerzen und noch etwas größerer Kälte von -16°C im Zelt. Nach dem sehr qualvollen Aufstieg gestern bin ich sogar einigermaßen überrascht, dass es mir ganz gut geht. Kay dagegen hatte heute keine gute Nacht und auch Jens und Peter erging es ähnlich. Wir bleiben bis nach 8 Uhr in den Schlafsäcken und warten auf die Sonne, die einerseits die lausige Kälte vertreibt und andererseits die Eiskristalle an den Innenwänden des Zeltes soweit anschmiltzt, dass sie nicht mehr bei jeder Bewegung auf einen herab rieseln. Pasang Dawa bringt bald dem ersten heißen Tee und eine Schlüssel Müsli vorbei, sie die Lebensgeister wecken. Die Schlafsäcke werden nass eingepackt und gegen 9:30 Uhr beginnen wir bei bestem Wetter als eines der letzten Teams mit dem Abstieg ins Basislager. Ein Teil der Ausrüstung (Eispickel, warme Sachen Thermosflasche, Skibrille, Verpflegung) bleibt in einem Materialzelt im Highcamp 2, sodass wir mit nur wenig Gepäck schnell in Richtung Highcamp 1 absteigen und dieses nach nur 1:30h erreichen. Hier verfahren wir ähnlich und lassen Steigeisen und Gurte im Materialzelt, bevor wir nun mit nur leichtem Gepäck weiter in Richtung Basislager absteigen. Nach ca. 1h erreichen wir den Rand des Nar-Gletschers, für dessen Querung wir eine weitere Stunde brauchen, bevor wir gegen 14Uhr das Basislager erreichen und uns auf dessen Komfort freuen können.
3 Tage Erholung im Basislager sind jetzt bis zum finalen Gipfelaufstieg geplant, wetterabhängig natürlich. Wir trocknen zunächst unsere nassen Sachen, kümmern uns mal wieder um die Körperhygiene und waschen auch einige kleinere Sachen. Vor allem aber werden die Tage durch die 3 Mahlzeiten bestimmt, wo alle im großen Esszelt zusammemkommen. Dazwischen: In der Sonne sitzen, Karten spielen, Lesen oder einfach nur während des Tages im dann angenehm warmen Zelt liegen und vor sich hin dösen. Das ist 2 Tage lang recht angenehm, am dritten Tag allerdings deutet sich schon wieder ein kleiner Lagerkoller an, da unser Chef-Sherpa Chhepal andeutet, dass wir wetterbedingt eventuell einen weiteren Tag warten müssen.
Nach Abgleich mit den Wetterberichten der anderen Gruppen legen sich dann aber alle doch auf den 4.11. als Gipfeltag fest, da der derzeit recht starke Wind in den Gipfelregionen dann wohl ’nur‘ bei 35-40km/h liegen soll. Wir werden also, wie zunächst auch geplant, nach diesen 3 Tagen hier im Basislager am 2.11. ins Highcamp 1 und am 3.11. weiter ins Highcamp 2 aufsteigen, von wo es dann in der Nacht zum 4.11. zum Gipfel gehen soll…
Tag 19, 2.11.2021
Gipfelaufstieg: Basislager – Highcamp 1 (5500m)
Nach noch einmal 3 Tagen im Basislager starten wir jetzt endlich mit dem finalen Gipfelaufstieg. Das lange Warten hat doch etwas mürbe gemacht und hätte sicher bald in einem Lagerkoller geendet. Die letzte Woche war so stürmisch am Gipfel, das kein einziger Teilnehmer einer anderen Expedition am Gipfel war, trotz perfekten Wetters im Basislager. Jetzt haben alle ihre Wetterberichte abgeglichen und sich für den Donnerstag als Gipfeltag entschieden. Heute geht’s also -zum dritten und letzten Mal- hoch ins Camp 1. Vor dem Abmarsch geht es nochmal bei der kleinen Stupa vorbei, wo wir die Götter um eine gute Reise bitten. Der Weg ist bekannt und klar. Erst durch den Geröllgletscher, dann den steilen Schneehang und zum Schluss auf den Schneerücken zum Camp. Das Wetter ist wieder kaiserlich, nur im letzen Teil kommen recht starke Windböen auf, die uns zeigen, wie unangenehm kalt es von einer Sekunde auf die andere werden kann. Eben noch im langen dünnen Shirt, wenig später dann mit Daunenjacke. Wir erreichen das Camp 1 diesmal nach entspanntem Aufstieg nach nur 4h (735Hm Aufstieg, 5km Strecke). Diesmal deutlich besser akklimatisiert, haben keinerlei Kopfschmerzen und fühlen uns gut. Da am Nachmittag einige heftige Windböen von sicher 50km/h durchs Camp fegen, spannen wir unser Zelt noch besser ab und beschweren die Schneelappen mit ordentlich Schnee, um die Außenhaut vor Triebschnee und gegen Wind abzudichten. Gegen 17 Uhr gibt’s Abendbrot mit Suppe, Nudeln und Tee und noch vor 18 Uhr liegen wir in den Schlafsäcken. Ach ja, hatte ich erwähnt daß die Aussicht von unserem Camp wirklich spektakulär ist?
Tag 20, 3.11.2021
Gipfelaufstieg: Highcamp 1 – Highcamp 2 (6050m)
Wir haben diesmal gut geschlafen und auch der Pulsoxymeter zeigt uns ganz gute Werte bei Sauerstoffsättigung und Ruhepuls an. Die Akklimatisation ist also eindeutig besser als bei der ersten Übernachtung hier oben. Pasang weckt uns mit Tee und einer Schüssel Corn Flakes. Nach Anlegen von Gurten und Steigeisen nehmen wir dann ein letztes Mal den Steilhang zum Highcamp 2 in Angriff. Was für ein Unterschied jetzt. Während ich beim letzten Mal hier fast gestorben wäre, fällt es mir diesmal wesentlich leichter, was nicht heißt, dass es ohne Anstrengung geht. Trotzdem bringen wir die steilsten 200Hm in einer guten Stunde hinter uns, machen eine schöne Rast und beobachten die anderen Teams beim anstrengenden Aufstieg. Speziell einige Sherpas schleppen unglaublich viel Gepäck ihrer Leute mit nach oben. Das Wetter ist brilliant, wolkenfreier Himmel und in der Sonne angenehm warm, sodass eine dünne Daunenjacke für die Pause reicht. Die Querung des anschließenden Felsbandes dauert keine 5 Minuten und dann geht es den langen, aber nicht so steilen Gletscherhang nach oben, wobei ich diesmal zumindest so viel Sauerstoff übrig habe, dass ich die beeindruckenden Steilabbrüche auf der linken Seite in ihrer Mächtigkeit bestaunen kann. Nach gut 4 Stunden kommt schon das Highcamp 2 in Sicht, was wir bald darauf erreichen. Pasang hat das Zelt zwar schon aufgebaut, aber wir schaufeln noch etwas Schnee um das Vorzelt, um es winddicht für die Nacht zu machen. Der Tag endet gegen 17 Uhr mit dem Auffüllen der Thermosflaschen (2,5l) und dem Abendbrot, bestehend aus Nudeln und Tee. So groß ist der Appetit heute zwar nicht, aber nach den Nudeln essen wir uns noch Riegel und etwas Schokolade, um die Energiespeicher für den morgigen, langen Tag aufzufüllen. Ich klebe mir noch vorsorglich die Nase mit Kinesio-Tape ab, um diese wenigstens etwas vor dem kalten Wind zu schützen. Die Gipfelrucksäcke werden fertig gepackt. Fast gehbereit mit warmer Unterwäsche, dicken Socken und den Innenschuhen der Expeditionsstiefel liegen Kay und ich im warmen Schlafsack und hoffen, dass wir uns wenigstens etwas erholen können, bis der große Gipfelsturm gegen Mitternacht beginnen soll. Immerhin, unsere Höhenanpassung ist mittlerweile viel besser als bei unserer ersten Übernachtung hier vor 5 Tagen. Das läßt hoffen…
Tag 21, 4.11.2021
Zum Gipfel des Himlung Himal (7126m)
Leider war unser unser Expeditionsleiter Chhepal auch nach mehrfacher Diskussion nicht zu überreden, den Aufstieg auf 3-4 Uhr zu verschieben, um der langen Dunkelheit und somit der Kälte wenigstens etwas zu entgehen. Beim Aufstieg über die Nordwestflanke des Himlung kommt die Sonne erst gegen 9:30 Uhr, was den Aufstieg in der zu erwartenden Kälte und dem starken Wind nochmal um 3 weitere Stunden verlängert. Mehrere Teilnehmer hatten sich für einen späteren Aufbruch ausgesprochen, um nicht den gesamten Aufstieg in der Kälte gehen zu müssen. Stattdessen hält er an einem Aufbruch um Mitternacht fest, vermutlich, um eine längere Reaktionszeit bei unvorhergesehenen Ereignissen zu haben.
Da wir in dieser Nacht vor dem Gipfelsturm sowieso nicht richtig schlafen, bekommen wir bereits gegen 22:00 Uhr mit, wie sich die andere Gruppe von ‚8k- Expeditions‘ für den Aufbruch vorbereitet. So ein Wahnsinn! Tatsächlich verlassen bereits einige Teams vor 23 Uhr das Lager in Richtung Gipfel. Aber auch bei uns wird es gegen 23:30 Uhr langsam unruhig und die Ersten verlassen noch vor Mitternacht das Camp. Wir dagegen lassen uns noch etwas Zeit, bevor wir um 0:20 Uhr als eines der letzten Teams mit Pasang Dawa aufbrechen, gefolgt von Peter und Jens, die einige Minuten nach uns starten. Das Wetter ist bei Aufbruch fast perfekt, zwar sehr kalt mit -18°C bei sternenklarer Nacht, aber momentan noch bei völliger Windstille. Wir wissen, dass das leider nicht so bleiben wird, sobald wir an der eigentlichen Gipfelflanke stehen. Deshalb sind wir so dick angezogen wie noch nie bei einer Bergtour. Neben mehreren Lagen dicker Unterwäsche habe ich eine gefütterte Skihose an, zwei paar dicke Skisocken und im doppelwandigem Stiefel steckt eine chemische Wärmesohle, die hoffentlich auch in dieser Höhe funktionieren wird. Obenrum habe über den 3 Lagen Unterwäsche und Fleecepulli eine dicke Daunenjacke mit Kapuze über der Mütze, dazu eine dicke Sturmhaube, Buff und Skibrille. Das sollte eigentlich reichen…
Zunächst geht es nur wenig ansteigend in westlicher Richtung in die Einsattelung zwischen dem Himlung und dem Ana Peak, die auf ca. 6300m liegt und in dessen Nähe das früher benutzte Highcamp 3 lag. Eine kurze Schrecksekunde ereilt mich, als ich feststelle, dass sich mein rechtes Steigeisen nicht mehr am Schuh befindet. Ich hatte offensichtlich in der Hektik des Aufbruchs die Riemen nicht richtig geschlossen, worauf es sich gelöst haben muss. Na das geht ja gut los, ohne Steigeisen kann ich den Gipfel vergessen. Pasang Dawa funkt die hinter uns gehenden Teams an und nur wenige Minuten später stellt sich heraus, dass es Peter und Jens‘ Sherpa gefunden und mitgenommen hat. Während ich Kay und Pasang Dawa vorschicke, warte ich ein paar Minuten, bis die drei eintreffen und ich mein Eisen wieder bekomme. Ist ja gerade nochmal gut gegangen! Ich arbeite mich wieder zu meiner Gruppe nach vorne, was mich einige Anstrengung kostet. Gegen 2 Uhr sind wir auf Höhe der Einsattelung und müssen nun eine erste Steilstufe von vielleicht 40° auf 100Hm überwinden, um zum Nordwestgrat aufzusteigen. Ab hier beginnen jetzt die Fixseile, an denen wir uns mit unseren Steigklemmen einklinken und uns den Hang im wahrsten Wortsinn hinaufarbeiten. Vor uns sehen wir die Lichtkegel der anderen Teams, die sich teilweise direkt vor uns, zum Teil aber auch schon weit über uns in der Flanke befinden. Eine scheinbar endlose Lichterkette zieht sich den Hang hinauf. Und mit jedem der immer mühsamer werdenden Schritte kommt auch der erwartete Wind. Es ist ein stetiger Wind aus östlicher Richtung, der uns von halbrechts entgegen bläst. Nicht so stark, dass es einen umhaut, aber doch sehr unangenehm durch seinen `chill effect`, der die gefühlte Temperatur auf unter -35°C senken dürfte.
Scheinbar endlos zieht sich der Aufstieg dahin. Durch die Fixseile kommt es immer mal dazu, dass man auf vorausgehende Teams aufläuft, die dann mühsam überholt werden müssen. Das, was unter normalen Bedingungen keine große Sache wäre, gerät hier zu einer echten Kraftanstrengung. Fäustlinge aus, fummeliges Ausklinken der Steigklemme, Fäustlinge an, überholen der Gruppe, Fäustlinge aus, Einklinken in das Fixseil, Fäustlinge wieder an. Danach mindestens 2 Minuten Atempause, ehe man wieder halbwegs in der Lage ist, weitergehen zu können.
Die ersten Teams von anderen Gruppen kommen uns noch während der Nacht wieder entgegen. Sie haben abgebrochen, ob nun aufgrund der Kälte oder der Kondition wissen wir nicht. Keiner hat Lust auf eine Unterhaltung. Jeder ist nur noch mit sich selbst beschäftigt. Ich selbst nehme auch kaum noch etwas von der Umgebung auf, funktioniere einfach und schaue, dass die Hände und Füße einigermaßen warm bleiben.
Endlich wird es hell und man kann erstmals sehen, wo wir uns genau in der endlos erscheinenden Nordwestflanke befinden. Und wie weit es immer noch ist bis zur flacher werdenden Nordschulter ist. Die große Kälte, verstärkt durch den stetig blasenden Wind, kriecht in jede Ritze und kühlt mich immer mehr aus. Ich ziehe mir in einer kurzen Pause meine dünne Dauenjacke noch unter die dicke und zusätzlich die Fellmütze zwischen Sturmhaube und Kapuze der Dauenjacke. Das bringt wenigstens etwas mehr Wärme, aber die Aussicht, in dieser Flanke weitere 3 Stunden auf die Sonne warten zu müssen, ist nicht gerade motivierend. Man möchte schneller gehen, um warm zu werden, kann aber nicht, weil einem schlicht der Sauerstoff fehlt und man nach 10 schnelleren Schritten sofort wieder für 1-2 Minuten pausieren muss, um nach Luft zu schnappen. Trotzdem geht es langsam voran. Eine Gruppe von vier Leuten kommt uns entgegen. Waren sie aus unserer Gruppe und waren sie oben? Keine Ahnung, keiner hat die Luft für ein Gespräch.
So geht es weiter, ohne ein Gefühl für Zeit und Raum zu haben. Aber dann, völlig unerwartet, taucht gegen 9:15 Uhr direkt vor uns die Sonne auf. Nicht, dass es augenblicklich wärmer wird, aber der psychologische Effekt ist immens. Dazu kommt, dass die Steilheit nachläßt und kurz darauf auch das Fixseil endet. Wir nähern uns also der flacheren Nordschulter mit dem Gipfelaufbau. Kay, Pasang Dawa und Peter sehe ich hinter mir bei einem kurzen Blick nach unten. Auch Anne und ihr Vater stoßen zu ihnen. Wo ist Jens? Ich gehe sehr langsam weiter und sehe, dass sie stehen und offensichtlich diskutieren. Ich deute auf den vermeintlichen Gipfelaufbau, der jetzt erstmals rechts vor uns auftaucht. Kay und Peter nicken, was ich als Zeichen deute, dass wir weitergehen. Das tue ich und bin überrascht, als nur Pasang Dawa einige Zeit später wieder zu mir aufschließt. Er will mich aufgrund der Kälte zum Umkehren bewegen und erzählt, dass alle anderen dies bereits getan haben. Und tatsächlich ist keiner mehr hinter uns. Ich checke den Höhenmesser, der schon über 7000m anzeigt. Ich deute auf den Gipfel und sage zu Pasang, dass wir in 10 min oben sein können. Natürlich ist mir klar, dass wir das nicht schaffen, aber tatsächlich erhöhe ich das Tempo, um ihm zu zeigen, dass ich jetzt wirklich nicht mehr umkehren, sondern auf den Gipfel will. Das gelingt sogar ganz gut, allerdings muss ich dafür völlig ans Limit gehen, was ich bald darauf wieder mit einigen Gehpausen bezahlen muss. In einer dieser Pausen versuche ich, die hellen Gläser der Skibrille zu wechseln, da die Sonne jetzt alles in gleißendes Licht taucht. Eine Windböe erfaßt das Glas und und ich kann nur noch hinterher schauen, wie es innerhalb von Sekunden außer Sichtweite gerät. Egal, der Gipfel liegt jetzt direkt vor uns. Eine letzte Kraftanstrengung bringt uns über einen kurzen 40° Steilaufschwung auf das flache, vielleicht 20m lange Gipfelplateau, wo uns einige Gebetsfahnen empfangen. Es ist kurz nach 10 Uhr, als Pasang Dawa und ich allein auf dem Gipfel stehen und -nachdem ich wieder etwas zu Luft gekommen bin- den fantastischen Rundblick genießen können. Direkt südlich die Nachbargipfel von Himjung (7092m) und Nemjung (7140m), dahinter die imposante Manaslu-Gruppe (bis 8163m) im Norden und Osten das karge, braune tibetische Hochland und im Südwesten die Gipfel der Annapurna-Gruppe (bis 8091m). Obwohl der Wind hier oben jetzt weniger stark ist, ist es für eine ausgedehnte Gipfelrast doch zu ungemütlich bei -26°C und so verlassen wir den Gipfel nach den obligatorischen Fotos und Videos nach etwa 10min wieder. Noch auf der Schulter begegnen uns zwei Bergsteiger einer anderen Gruppe. Sie werden die letzten sein, die den Gipfel heute erreichen werden.
Der Abstieg geht unheimlich schnell im Vergleich zum mühsamen Aufstieg. Die Sonne wärmt und der Wind kommt jetzt von schräg hinten und stört damit kaum noch. Erstmals merke ich, dass meine Nase gefühllos ist, messe dem aber noch keine besondere Bedeutung bei. Wir klinken uns jetzt nur noch mit einem Karabiner in die Sicherungsseile ein, was den Abstieg extrem beschleunigt. Weit unten kann ich einzelne, zurückgehende Gruppen gut erkennen, ohne aber einzelne Personen auszumachen. Den Überblick, wer wo in welcher Gruppe geht, hatte ich schon beim Aufstieg verloren. Ich habe auch keine Ahnung, wer vor uns am Gipfel war und wer an welcher Stelle umgekehrt ist. Während des Abstiegs verspüre ich das erste Mal am heutigen Tag so etwas wie Freude. Die Arbeit ist getan, jetzt kann man erstmals in Ruhe die grandiose Landschaft genießen und endlich auch mal Pause machen, um zu essen und zu trinken, während die Sonne einen wärmt. Ich kann sogar weit unten das Highcamp 2 und das Basislager von hier oben ausmachen.
Nach nur 1:30 Stunden stehen wir wieder am Beginn des Westgrates. Es folgt ein letztes Abseilen hinunter zum Gletscher, wo ich auf Chhepal, mehrere Sherpas, und 2 Teilnehmer aus der (anderen) Seven Summits Gruppe treffe. Beide und auch der zu unserer Gruppe gehörende Sherpa Dawa haben sich Erfrierungen an den Händen zugezogen und sollen per Helikopter von hier ausgeflogen werden. Auch André aus unserer Gruppe, der während des Aufstiegs Probleme mit den Augen bekommen hatte und per Biwaksack nach unten abgelassen wurde, soll von hier ausgeflogen werden. Pasang Dawa bleibt bei der Gruppe, während ich weiter in Richtung Highcamp 2 absteige. Es dauert gar nicht lange, bis ich den Heli erstmals höre und wenig später auch kurz vor der Landung unterhalb des windgeschützten Nordwestgrades sehe. Das ein Heli überhaupt auf 6200m landen kann, hätte ich bis vor kurzem nicht für möglich gehalten.
Der Rückweg zum Lager zieht sich, ist aber an sich eine einfache Traverse mit einigem auf und ab. Ich hole Peter ein, der völlig platt ist und sich trotzdem schon ein wenig ärgert, nicht bis zum Gipfel weitergegangen zu sein. Wo sind Kay und Jens? Kurz vor Erreichen des Lagers sehe ich einen zweiten Hubschrauber, welcher direkt im Lager 2 landet. Auch bei ‚8k Expeditions‘ gab es also offensichtlich Leute, die mit Erfrierungen ausgeflogen werden müssen.
Im Lager angekommen, begrüßt mich Sherpa Tenzing mit warmen Mangosaft und auch Kay und Jens sind schon im Lager angekommen. Ich bekomme Glückwünsche zum Gipfelerfolg und erfahre erst jetzt, dass es außer Pasang Dawa und mir nur Dago samt seinem Sherpa bis zum Gipfel geschafft haben. Iris, seine Frau, hat es böse im Gesicht erwischt, worauf sie umkehren mußte. Aber auch die anderen sind aufgrund der Kälte umgekehrt bzw. wurden durch den Expeditionsleiter Chhepal zurückbeordert, als klar wurde, dass sich mehrere Leute Erfrierungen zugezogen hatten. Naja, auch meine Nase hat wohl etwas gelitten, aber es ist noch nicht absehbar, ob es schlimm war. Das werden erst die nächsten Tage zeigen. Momentan überwiegt jedoch die Freude, den Gipfel erreicht zu haben!
Tag 22-23, 5.11.-6.11.2021
Abstieg vom Highcamp 2 und Pausentag im Basislager
Ziemlich platt von gestern sind wir schon vor 18 Uhr in die Schlafsäcke gekrochen und haben vergleichsweise gut geschlafen. Allerdings hatte ich abends recht viel getrunken und wache deswegen einige Male auf. Mit unserer neuen Technik, die wir schon beim Aufstieg ‚erprobt‘ hatten, ist aber auch das erheblich einfacher geworden. Statt sich mühsam aus dem Schlafsack zu pellen, die Schuhe anzuziehen und durch tiefen Schnee hinters Zelt zu stolpern, dreht man sich einfach zur Seite und füllt seinen ‚Uribag‘, einen Silikonsack mit Röhre. Einzige Schwierigkeit ist, die Gesetze der Physik bezüglich der Schwerkraft nicht zu missachten, da es ansonsten zu unschönen Isolationsverlusten im Schlafsack kommen könnte… Ist der Sack voll, wird er verschlossen und an einer vorher ausgemachten Stelle des Vorzeltes in den Schnee gekippt. Das dauert nur wenige Sekunden und man muss den Schlafsack überhaupt nicht mehr verlassen.
Mit den ersten warmen Sonnenstrahlen pellen wir uns langsam aus den Schlafsäcken und beginnen nach kurzem Frühstück mit dem Packen unserer Rucksäcke. Die werden heute recht voll und auch schwer, da das gesamte, in zwei Aufstiegen hochgeschleppte Gepäck heute komplett wieder nach unten muss. Leider machen die Sherpas schon wieder Druck, weil sie die Zelte abbauen wollen. Vor dem Aufbruch machen Jens, Kay und ich noch ein letztes Abschiedfoto mit LTV-Mützen bzw. -Buffs. Für den Abstieg nehmen wir uns heute richtig viel Zeit, fotografieren und nehmen noch einmal so viele Eindrücke wie möglich auf, ohne ständig nach Luft japsen zu müssen. Trotzdem erreichen wir nach nur knapp 2 Stunden das Lager 1, wo wir eine ausgedehnte Mittagsrast machen. Danach gehts hinunter zu unserer geliebten Randmoräne, die wir ein letztes Mal hinunter müssen. Dazu ist nochmal volle Konzentration nötig, um mit den schweren Rucksäcken in dem rutschigen Schotterhang sicher nach unten zu kommen. Die Querung des Schuttgletschers mit seinen kleinen Gegenanstiegen strengt auch noch einmal an und zeigt uns, dass die letzten Tage doch ganz schön geschlaucht haben. Wir sind einfach platt und freuen uns auf den relativen Komfort des Basislagesr und den morgigen Pausentag. Kaputt aber glücklich erreichen wir am frühen Nachmittag das Basislager und werden von unserer Küchenmannschaft herzlich begrüßt. Und dann gönnen uns das, was wir uns genau für diesen Moment aufgespart hatten: ein Bier!!
Der Pausentag tut allen nach den Anstrengungen der letzten Tage gut. Langes und entspanntes Ausschlafen in ‚dicker‘ Luft, ein wieder erstklassiges Frühstück von unserem Küchenteam, Sachen trocken, waschen, rasieren, Taschen für den Eseltransport packen und einfach im warmen Zelt herumliegen und relaxen.
Chhepal ist etwas besorgt bezüglich meiner Nase und würde mich am liebsten ins Krankenhaus ausfliegen lassen. Tatsächlich zeigen sich an Nasenspitze und den -flügeln erste Schwarzfärbungen, wie sie bei Erfrierungen des 3. Grades typisch sind. Auch unsere beiden Ärzte Carina und Peter sind nicht sicher, ob es nicht besser wäre, dies schnellstmöglich behandeln zu lassen. Wir vereinbaren, bis morgen zu warten und dann zu entscheiden.
Einige der anderen Expeditionen sind bereits mit dem Abbau ihrer Lager beschäftigt und lassen das Equipment per Esel abtransportieren. Auch einige unserer Sherpas machen sich bereits heute auf den Rückweg nach Phugaum bzw. Meta. Wir werden sie in Kathmandu zu einem Abschluß-Dinner alle wiedersehen. Auch unser Küchenteam ist schon am Einpacken und verkauft übrig gebliebene Lebensmittel an einige Frauen aus Phugaum, die extra dafür heute morgen 3 Stunden Fußmarsch auf sich genommen haben.
Tag 24, 7.11.2021
Per Helikopter nach Kathmandu
Da wir uns darauf geeinigt hatten, den Abstieg zurück nach Koto in nur 2 statt der geplanten 3 Tage zu machen, wird die heutige Etappe ziemlich lang werden. Deswegen wurde das Frühstück auf 8 Uhr gelegt, um gegen 9 Uhr abmarschbereit zu sein. Direkt nach dem Frühstück schauen sich Carina und Peter nochmal meine Nase an, deren Zustand sich leider nicht gebessert hat. An der Spitze hat sich inzwischen noch mehr schwarzes, nekrotisches Gewebe gebildet, was für Erfrierungen des III. Grades typisch ist. Beide raten mir, dass schnellstmöglich behandeln zu lassen; Chhepal ist sowieso dafür. Als dann auch noch Kay und Jens in die gleiche Kerbe hauen, lasse ich ich mich schließlich doch überreden, mich per Heli nach Kathmandu ausgefliegen zu lassen, obwohl ich mich innerlich heute morgen eigentlich dagegen entschieden hatte. Immerhin komme ich so 4 Tage eher in Behandlung, was für die Nase vielleicht entscheidend sein könnte. Ich hadere noch eine ganze Weile mit der Entscheidung, sehe aber schließlich doch ein, dass sie richtig ist.
Die Gruppe startet wie geplant gegen 9 Uhr, während ich etwas wehmütig zurückbleibe. Ich habe viel Zeit, den Abbau des Lagers zu verfolgen, trinke Tee und sitze in der Sonne. Die Esel mit unserem Gepäck werden mit jeweils 2x 20kg bepackt und folgen der Gruppe gegen 10 Uhr. Sie werden erst spät am Abend in Meta eintreffen, da die heutige Etappe auch für sie eine Herausforderung sein wird. Ein Teil der Mannschaft startet auch mit großem Gepäck Richtung Phugaum, wo ein Großteil der Lagerausrüstung bis zum Frühjahr in einem angemieteten Haus deponiert wird. Morgen werden sie, zusammen mit einigen lokalen Trägern aus Phugaum, hierher zurückkommen und den Rest der Ausrüstung holen. Was für ein Aufwand!
Vom ‚Lager-Kommandanten‘, der über Satellitentelefon mit dem Seven Summits Büro in Kathmandu in Verbindung steht, erfahre ich, dass sich die Ankunft des Helis verzögert, da dieser gerade an der Ama Dablam in Everestgebiet im Einsatz ist. So dauert es bis fast 15 Uhr, bis der Heli auf dem provisorischen H-Port unweit des Lagers landet. Neben mir und meinem Gepäck darf mich unser Lagerkoch begleiten, worüber er sehr glücklich scheint. Obwohl er Flugangst hat, überwiegt doch die Freude, sich zwei lange Trekkingtage sowie zwei weitere Fahrtage nach Kathmandu zu sparen. Der Pilot ist ein älterer Nepalese, der schon in den USA und Norwegen als Heli-Pilot gearbeitet hat und wohl auch schon mit einem Heli auf dem Everest gelandet ist. Auf jeden Fall macht er einen kompetenten Eindruck und steuert den Heli trotz einigen Windes absolut sicher durch das Tal. Nach 3 Minuten Flugzeit landen wir am Heli-Port von Phugaum und nehmen einen Polizisten auf, der die Chance auf einen schnellen Transport nach Chame nutzt. Dann fliegen wir nur wenige 100m über dem Grund des Nar-Phu-Kola Tals in Richtung Koto. Ich sehe deutlich unseren Weg durch die Schluchten bzw. an den Berghängen, kann aber die Gruppe leider nirgendwo entdecken. Noch beeindruckender ist allerdings die Aussicht nach oben. Bis zum Manaslu und der Annapurna II reicht der Blick. Eine Perspektive, die sich einem vom Weg aus so nicht bietet, da die Gipfelregionen meist von den vorgelagerten Bergen verdeckt werden. Nach weiteren 10min durchfliegen wir den engen, schluchtartigen Taleingang bei Koto und erreichen das breite Marsyangdi-Tal des Annapurna-Circuits. Wir landen kurz darauf im Hauptort Chame, wo wir für einen kurzen Tankstopp zwischenlanden und auch den Polizisten absetzen. Die Betankung erfolgt mit zehn 20l Kanistern per Hand durch den Piloten. Danach geht es sofort weiter talabwärts, bevor wir noch vor Besisahar nach Südwest abdrehen, und über die zahlreichen, niedrigeren Bergketten der Vorgebirge in Richtung Kathmandu fliegen, dass wir nach einer weiteren halben Stunde erreichen. Wir landen in einem separaten Teil des internationalen Flughafens in Kathmandu, wo ein uralter, klappriger ‚Ambulance‘-Wagen bereits auf mich wartet und mich nach 20-minütiger Fahrt durch den chaotischen Stadtverkehr im ERA International Hospital in der Nähe unseres Hotels in Thamal abliefert. Dort werde ich untersucht und für 3 Tage stationär aufgenommen, um die Nase zu behandeln und weiter zu beobachten. Eine Stunde später bekomme ich dort mein recht komfortables Zimmer in einem Nebengebäude, welches offensichtlich nur über einige wenige Zimmer verfügt und sicher nicht den nepalesische Standard darstellt. Iris und Andre waren auch hier, sind aber zwischenzeitlich entlassen worden und warten im Hotel auf die Gruppe. Die Mahlzeiten kann man ‚A la carte‘ wählen und werden später durch ein in der Nähe gelegenes Restaurant geliefert. Das Bett ist nach den Wochen im Zelt auch mal wieder eine willkommene Abwechslung genau wie die erste richtige Dusche. Die drei Tage werde ich es hier sicher aushalten…
Tag 25-27, 8.11.-10.11.2021
Im ERA Hospital
Als Therapie für die nächsten Tage bekomme ich Antibiotikum und Ibuprofen. Außerdem muss ich viermal täglich meine Nase für 15min mit einer ca. 40°C warmen Jodlösung spülen, bevor ein Aloe Vera Gel aufgetragen wird. Eine Stunde später wird dann eine antibiotische Salbe aufgetragen. Jeweils vormittags und nachmittags kommt ein Arzt vorbei und schaut sich das Corpus Delicti an. Große Veränderungen sind allerdigs noch nicht festzustellen. Das tote Gewebe grenzt sich mit jedem Tag etwas mehr vom gesunden Gewebe ab. Bei den nicht so schwer betroffenen Bereichen der Nase pellen sich die erfrorenen Hautschichten teilweise schon ab, während sich an der Spitze ein dicker schwarzer Grind bildet. Zu tun gibt es außer den Spülungen und dem Schlucken der Medikamente nicht allzu viel. Da es erstmals wieder WLAN gibt, kann ich mich wenigstens wieder zuhause melden und die über Wochen gespeicherten Blogeinträge endlich auch online stellen. Einzige Abwechslung ist, dass Thanes, der ‚Hans-Dampf‘ von Seven Summits, vorbeischaut und mich für den Abend zum Dinner einlädt. Ich werde also per Auto abgeholt und treffe in unserem Hotel Iris und Andre wieder, bevor wir zusammen in ein in der Nähe gelegenes Restaurant gehen, wo wir mit einigen Leuten aus anderen Seven Summit Gruppen zu Abend essen. Auch die beiden Geschäftsführer von Seven Summits sind anwesend und so wird es ein sehr schöner Abend mit interessanten Gesprächen rund um das Expeditionensbergsteigen in Nepal und den angrenzenden Ländern, wo Seven Summits auch aktiv ist.
Ansonsten schlafe ich die ersten beiden Tage recht viel, während mir am dritten Tag langsam aber sicher etwas langweilig wird und ich mich freue, nachmittags ins Hotel entlassen zu werden und dort am Abend auf die Gruppe zu treffen, die heute die lange Fahretappe von Besisahar bis Kathmandu vor sich hat. Sie treffen trotz des täglichen Verkehrschaos in Kathmandu am frühen Abend im Hotel ein und wir beschließen den Tag im ‚Fire and Ice‘, der bekanntesten Pizzaria Nepals, die nur wenige Minuten vom Hotel in Thamel liegt. Es gibt viel zu erzählen…
Tag 28-31, 11.11.-14.11.2021
Ausklang in Kathmandu
Für die nächsten drei Tage steht Sightseeing in und um Kathmandu auf dem Plan und natürlich das Shoppen in Thamel. Am ersten Tag geht es mit einem Kleinbus zunächst zum Durbar Square, wo neben dem alten Königspalast Hanuman Dhoka sehr sehenswerte Pagoden, Tempel und Schreine zu sehen sind. Leider ist viel davon bei dem verheerenden Erdbeben 2015 zerstört oder arg in Mitleidenschaft gezogen worden. Der Wiederaufbau ist zwar teilweise schon im Gange, wird wohl aber noch viele Jahre in Anspruch nehmen. Besonders beeindrucken mich die kunstfertigen Holzschnitzereien im Innenhof des Kumari Palastes. Die Bewohnerin, ein kleines Mädchen, welches als lebende Göttin verehrt wird und ihren Palast nur zu wenigen Anlässen verlassen darf, bekommen wir natürlich nicht zu Gesicht.
Die nächste Station unserer Tour ist Pashupatinath, ein Tempelkomplex, der als eine der wichtigsten Stätten des Hinduismus gilt. Hier wird Shiva als ‚Gott des Lebens‘ verehrt. Während der eigentliche Haupttempel nur für Hindus zugänglich ist, dürfen wir uns in den Außenbereichen umsehen. Für uns natürlich besonders eindrucksvoll sind die unterhalb des Haupttempels am Bagmati Fluss gelegenen Verbrennungsstätten Arya- und Surya-Ghats, wo die Verstorbenen auf Scheiterhaufen verbrannt und deren Asche danach in den Fluss geschoben wird. Wir können ein solches Ritual von der gegenüberliegenden Seite aus gut beobachten. Hier treffen wir auch auf mehrere Sadhus, die meditieren und sich gern für eine kleine ‚Spende‘ mit uns Lang- bzw. Schwarznasen fotografieren lassen.
Im Nordosten von Kathmandu besuchen wir danach die eindrucksvolle Stupa von Bothnath, an die ich mich noch von meinem Besuch vor fast 30 Jahren erinnern kann. Obwohl dieser Ort eine der wichtigsten Pilgerstätten für buddhistische Pilger ist, dominieren heute eher die einheimischen Touristen. Trotzdem geht es hier auf dem Rundweg um die Stupa – abgeschirmt vom Trubel und dem Verkehrslärm draußen – angenehm ruhig und entspannt zu. Man umrundet die Stupa im Uhrzeigersinn, dreht die zahlreichen Gebetsmühlen auf der rechten oder kauft Souvenirs in den Läden auf der linken Seite. Wir kehren hier zum Mittag in ein Restaurant ein und genießen von der Dachterrasse den Blick auf die Stupa, bevor wir gleich nebenan noch ein tibetisches Kloster, eine Gompa, besuchen.
Unser letztes Ziel an diesem Tag ist der Affentempel von Swayambhunath, der sich auf einem Hügel westlich der Innenstadt befindet und neben der eigentlichen Tempelanlage mit seinen buddhistischen und hinduistischen Sakralbauten auch einen schönen Blick über die Stadt und das Kathmandutal bietet. Und dreiste Affen, die sich gern auch Getränkepacks klauen…
Am Abend gibt es ein gemeinsames Dinner mit allen Sherpas, die mit uns am Himlung unterwegs waren. Es ist für alle vor dem Winter der letzte Job gewesen. Frühestens im April wird es wieder eine Expedition geben, sollte es die Corona-Situation zulassen. Wir treffen wir auch Sherpa Dawa wieder, dessen Hände in dicken Mullbinden stecken. Er muss die nächsten Wochen jeden zweiten Tag zum Arzt zur Kontrolle und hofft, dass die beiden am schwersten betroffenen Finger nicht doch noch amputiert werden müssen. Wir hoffen alle mit ihm und wünschen ihm das Beste, da wir wissen, dass für ihn seine Existenz auf dem Spiel steht…
Tags darauf besuchen Kay, Jens und ich die nahe Kathmandu gelegene alte Königsstadt Bhaktapur, während ein Großteil der Gruppe zum relaxen und shoppen heute in Kathmandu bleibt. Die fast einstündige Fahrt führt durch die dichtbesiedelten Vorstädte Kathmandus nach Südosten durch meist dichten Verkehr, der von unzähligen Mopeds und Motorrädern dominiert wird. Bhaktapur unterscheidet sich zunächst nicht vom chaotischen Kathmandu, als wir allerdings die vom Autoverkehr abgeschirmte Altstadt betreten, wandelt sich das Bild schlagartig. In den meist kleinen Gassen herrscht relative Ruhe, nur wenige Einheimische sind unterwegs und Touristen sind zunächst gar nicht zu entdecken. Viele mit Ziegelsteinen gebaute Wohnhäuser teils mit prächtigen Holzschnitzereien an Türen, Fenstern und Dachstützen vermitteln das Bild einer intakten historischen Altstadt. In einigen der zahlreichen Hinterhöfe stoßen wir auf hinduistische Schreine oder auch kleine, buddhistische Stupas. Am Taumadhi-Platz ‚besteigen‘ wir die 5-stöckige Nyatapola-Pagode, welche mit 30 Metern die höchste ihrer Art im gesamten Kathmandutal ist und alle bisherigen Erdbeben überstanden hat. Tolle Aussicht von hier, aber noch besser ist diese vom gegenüberliegenden Teehaus, von dessen Terrasse wir den ganzen Platz während einer kleinen Mittagspause überblicken können. Danach geht es weiter zum nahen Durbar Square mit dem ältestem Königspalast des gesamten Kathmandutales und dessem prunkvollen Lu Dhawka, dem Goldenen Tor. Auch hier sind die Auswirkungen des letzten Erdbebens noch klar zu erkennen. Viele Gebäude sind mit langen Stützen gesichert, um sie vor dem Einsturz zu bewahren.
Bevor wir zum Abschluß das Töpferviertel besuchen, bleiben wir auf dem Weg dorthin in dem ein oder anderen Geschäft hängen und kaufen einige Souvenirs. Auch am Töpfermarkt kommen wir nicht an den Händlern vorbei, ohne etwas zu kaufen. Alle klagen, dass die Geschäfte zur Zeit schlecht laufen, da kaum Touristen in der Stadt sind. So schön, wie das für uns ist, so katastrophal ist es für die Einheimischen…
Während ein Großteil der Gruppe schon am Nachmittag nach Hause fliegt, haben Kay, Jens und ich noch einen weiteren Tag, den wir haupsächlich zum Shoppen in Kathmandu verwenden.
An unserem letzten Tag werfen wir uns also nochmal ins Gedränge und den Lärm der Gassen von Thamel und sehen zu, nicht doch noch von einem Motorroller über den Haufen gefahren zu werden. Topografische Karten, T-Shirts, Tee und Daunenjacken stehen auf meiner Liste. Am Ende habe ich soviel gekauft, dass ich das Gepäcklimit der Airline um 4kg überschreite…
Am späten Nachmittag bringt uns ein Fahrer von Seven Summit zum Flughafen, wo unser am Vortag im Hotel gemachter Corona PCR-Test mindestens 4x an verschiedenen Stellen kontrolliert wird. Meine Sorge mit den 4kg Übergepäck sind dagegen unbegründet und lassen sich am Ende mit einem kleinen Euroschein am Check-in Schalter wegdiskutieren…